Tot ?

eine Kürzestgeschichte von

Uwe Barth

© 2016

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»Tot?«

Ihre Stimme zog das 'o' so lang, das sie schrill wurde. Er nickte, schüttelte gleich darauf den Kopf, nur um sofort wieder zu nicken.

»Wie tot?«

Er besaß nun Ihre volle Aufmerksamkeit. Oh, das hatte er sich gewünscht, nur eben nicht so, nicht mit diesem fixierenden Blick.

»Was — zur Hölle — hast du angestellt?«

Er öffnete den Mund, nur um zu bemerken, das er nicht wusste was er antworten sollte. Als ihm das bewusst wurde klappte er ihn wieder ohne einen Ton zu.

»Hör auf einen Fisch zu mimen und sag endlich was los ist!«

Mit einem halben Schritt zur Seite und einer angedeuteten Drehung nach hinten gab er den Blick auf das ganze Drama frei.

»Ahrghh!«

Ihren Blick stier auf sein Opfer gerichtet war es nun an Ihr, keinen sinnvollen Ausdruck zu finden. Er konnte es ihr nicht verdenken, das Bild das sich Ihr so plötzlich darbot war einfach grauenhaft. Der geöffnete Körper entließ Teile seiner Eingeweide, die, von der Schwerkraft herabgezogen, sich nun auf der Tischplatte abstützten.

»Nein!«

Ein zweites Mal öffnete er den Mund. Dann bemerkte er, das sich Ihre Aufmerksamkeit wieder voll auf ihn richtete, und sein Mund schloss sich ein weiteres Mal ohne Antwort. Ihr Gesicht verzog sich angewidert!

»Duuuu...! Ich habe dir vertraut! Du hast gesagt, ich könne dir vertrauen...«

Fassungslosigkeit löste das Entsetzen auf Ihrem Gesicht ab. Es folgte eine zunächst leichte Röte, die schon sehr bald an dunkles Blut gemahnte. Unausgesprochen wurde hier ein zweites Opfer für diesen Tag angekündigt. Und das würde unausweichlich er selbst sein. Abwehrend hob er die Hände.

»Duuuu...« Ihre rechte Hand hob sich, den streng geradeaus gerichteten Zeigefinger in seine Richtung weisend. Er wäre jetzt gerne nach hinten zurückgewichen, doch da war kein Platz, keine Möglichkeit zur Flucht. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. »... wirst das wieder in Ordnung bringen! Und zwar jetzt! Sofort! Kapiert!«

Das letzte Wort schleuderte Sie im so hart entgegen, das er unwillkürlich zusammenzuckte.

»Eine Stunde! Du hast genau eine Stunde! Und wag es ja nicht, mich zu enttäuschen! Mir ist egal wie du das anstellst! Du bringst das in Ordnung oder es ist aus mit uns!«

Erleichtert nickend wandte er sich wieder seinem Opfer zu. Eine Stunde. Das würde er schaffen. Zeit genug den Fehler zu finden und Ihren Notebook wieder fit zu machen.

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© 2016, Uwe Barth, Karl-Saßmann-Weg 3, 57076 Siegen